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Image by Shoeib Abolhassani

Transkulturelle
Kommunikation

Mit der Einrichtung einer Abteilung „Internationale und Interkulturelle Kommunikation“ im Jahre 1992 (umbenannt in Transkulturelle Kommunikation 2005) anerkannte das Österreichische Wissenschaftsministerium den Bedarf an Forschung und Lehre in einem Themenbereich, der für österreichische Universitäten Neuland darstellte.

 

Angesichts der Öffnung der Grenzen in Europa und der gleichzeitig offen zu Tage getretenen Fremdenfeindlichkeit, der Akzentuierung des Nord-Süd-Konfliktes, einer weltweiten Unterhaltungsindustrie der Medien und des Tourismus sowie einer beispiellosen kommunikationstechnologischen Globalisierung hat das Institut mit der Gründung dieser Abteilung die aktuelle Problematik in Forschung und Lehre aufgegriffen.

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Die Abteilung versteht sich als interdisziplinäre Forschungseinrichtung, die im Rahmen der Lehre Vorlesungen und Seminare anbietet, die interkulturelle und internationale Aspekte des Faches Kommunikationswissenschaft abdecken und eine Verbindung zu anderen Disziplinen herstellen. Die Abteilung verfolgt keine direkte berufspraktische Orientierung, aber sie bietet Grundlagenwissen und ermöglicht Studierenden kommunikationstheoretisch einen Blick über die Fach- und Landesgrenzen hinaus mit der Zielsetzung, interkulturelle Kompetenz zu vermitteln, die auf den globalen Arbeitsmärkten der Zukunft gefragt sein wird.

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Im Zeitalter der globalen Kulturindustrie, der industriell hergestellten und weltweit vertriebenen Vergnügungsangebote, kann Kultur nicht ohne politische bzw. ökonomische Dimensionen diskutiert werden. Filme und Fernsehen, die Verschmelzung von medialen Angeboten aller Art, und der damit betriebene transnationale Handel führen zu transkulturellen Erscheinungsformen. Kulturelle Homogenisierung und kulturelle Synchronisation sind ebenso Konsequenzen von Globalisierung wie die Betonung und Wiederentdeckung lokaler Kulturformen. Nord-Süd-Kommunikation bzw. Entwicklungspolitik sowie Tourismus und kultureller Wandel gehören zu den Schwerpunkten der Abteilung ebenso wie die Auseinandersetzung mit Kommunikationsfragen aus kulturtheoretischen Perspektiven.

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Folgende Schwerpunkte wurden von der Abteilung gesetzt:

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1. Kulturindustrie und kulturelle Identität

Das mehrjährige Forschungsförderungsfonds-Projekt „Kultureller Wandel und kulturelle Identität“ (1993-1996) beschäftigte sich mit der Rolle Österreichs in der globalen Kulturindustrie, ging der Frage nach, welchen Beitrag die Medien bei der Konstruktion von Identität aber auch bei der Auflösung und Bildung von Lebensstilen oder Lebensweltmustern leisten. Die Tradition der Cultural Studies wird von der Abteilung in Forschung und Lehre praktiziert, etwa in Fragen der Jugendkultur bzw. der Populärkultur. Etliche Arbeiten beschäftigten sich mit der Lebenswelt Jugendlicher in österreichischen Städten (1998) und analysierten (erstmals) die Jugendkultur in einer österreichischen Alpenregion (1996) sowie im Mount Everest-Nationalpark im Himalaya (1998/99). Die Abteilung berät Politik und unterstützt Jugendorganisationen. Im Rahmen des österreichischen Jugendberichts 1998 verfasste die Abteilung zwei Studien („Selbstevaluierung verbandlicher Jugendeinrichtungen“ sowie „Mediennutzung der Jugendlichen“).

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2. Tourismus und kultureller Wandel

Dieser Forschungs- und Lehrbereich sieht den Tourismus als interkulturelles Begegnungsfeld und diskutiert den Zusammenhang zwischen touristischer Entwicklung und den Veränderungen, die der Tourismus in der Einheimischenkultur hervorruft. Tourismus basiert auf einer Kette von Kommunikationsleistungen, die von den medial erzeugten Images einer Destination bis zur Beratungsleistung im Reisebüro reichen, und die verschiedenen Facetten des Reisejournalismus und der Reiseliteratur ebenso umfasst wie das moderne Tourismusmarketing.

Die Abteilung war treibende Kraft bei der Gründung der Interdisziplinären Tourismusforschung (init) an der Universität Salzburg im Jahr 1999. Zusammen mit Partnerorganisationen wurde eine Reihe von Studien und Publikationen durchgeführt, das „Salzburger Tourismusforum“ bringt jährlich Fachleute verschiedener Disziplinen und Herkunft zu einem Kongress zusammen. Rezente Studien befassten sich mit dem „Fremden im Urlaubsland“, mit Motiven und Reiseerfahrungen von Himalaya-Touristen (2001). Bücher behandelten die Themen Kultur in verschiedenen Hochgebirgsräumen (1995), Problemfelder und die Zukunft des Alpentourismus (2002), Ferntourismus (2004), Tourismus in der Dritten Welt (2006). Die jüngsten Publikationen haben einen klaren Schwerpunkt auf Welterbe und Tourismus (2008) bzw. Kulturelles Erbe und Tourismus (2010).

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3. Transkulturelle Kommunikation

Dieser Arbeits- bzw. Forschungsbereich beschäftigt sich mit der grenzüberschreitenden und kulturübergreifenden Kommunikation, dem Umgang mit Fremden, mit der Produktion von Länderimages und deren Wahrnehmung sowie der internationalen Medienentwicklung. Beispiele für diese Orientierung bilden Publikationen wie „Das Österreich-Bild in französischen Medien“ (2000) oder „Europäische Audiovisionen – Distribution und Finanzierung von Film und Fernsehen in Europa“ (1994) sowie die Durchführung von Hochschulkursen für „Kulturjournalismus und kulturelle Öffentlichkeitsarbeit“ (1994-1997).

Die Einbettung kommunikativer Praktiken in einen größeren kulturellen Zusammenhang stand im Zentrum der Untersuchung über die „Kulturstadt Salzburg“ und den Kulturkonsum ihrer Bewohner, die mit den Ergebnissen eines internationalen Kongresses unter dem Titel „Kulturerlebnis Stadt“ 1994 publiziert wurden. Ein weiteres Projekt analysierte die Strategien europäischer Kulturhauptstädte und verglich sie mit den kulturellen Profilierungskonzepten österreichischer Städte (1996). Bücher wie „Dialog der Kulturen – Die Medien und die multikulturelle Gesellschaft“ (1994) und „Flimmerndes Asien – Die Fernsehentwicklung eines Kontinents im Aufbruch“ (2002) sowie Medien Journal Themenhefte zum Jahr des Dialogs der Zivilisationen (4/2001), „Medien in Krieg und Entwicklung (2/2003), „Transformation im Osten“ (2/2005) und „Media, Culture and Modernization in China“ (2/3 2006) wurden von den Mitarbeitern der Abteilung herausgegeben.

Einen wissenschaftstheoretischen Diskurs regten ferner internationalen Kongresse wie „Transdisziplinäre Kommunikation“ (2001) und „Dialog der Erkenntniskulturen“ (2003) an, die von den Lehrenden der Abteilung gestaltet wurden. Die jüngste Buchpublikation widmete sich dem Thema „Transdisziplinäre Kommunikation“ (2008).

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4. Nord-Süd-Diskurs und entwicklungspolitische Öffentlichkeitsarbeit

Der vierte Forschungsbereich konzentriert sich auf Entwicklungsländer. Die Berichterstattung über die Dritte Welt in den heimischen Medien (z.B. mit der Studie über Sura za Afrika – Das Image Afrikas in den österreichischen Medien, 1996), entwicklungspolitische Öffentlichkeitsarbeit (mit KommEnt, Gesellschaft für Kommunikation und Entwicklung 1994-2004, einer Serviceeinrichtung in Kooperation mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten), aber auch Entwicklungsländerforschung (Einsatz neuer Kommunikationstechnologien in Schwerpunktländern der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, 1998; Kids of Khumbu – Modernisierung und kultureller Wandel im Himalaya, 1999).

Kurt Luger, der Leiter der Abteilung, ist geschäftsführender Vorsitzender einer NGO (EcoHimal-Gesellschaft für Zusammenarbeit Alpen-Himalaya), die Entwicklungsprojekte vorwiegend in Nepal, Tibet und Pakistan durchführt. Beratungsleistungen (etwa für die Filmteams der Nepal-Dokumentationen „Weite Wege“ bzw. „Strom für die Sherpas“) oder Fachexpertisen für Bundeseinrichtungen werden ebenfalls als Aufgabe der Abteilung gesehen. Begleitende Forschung zu Entwicklungsprojekten (Tourismus als Entwicklungsmodell, Partizipation und Empowerment etc.) erhöhen die Praxisrelevanz der Ausbildung, weil solche Erfahrungen in der Lehre Anwendung finden. Das zuletzt erschienene Buch über die Kultur, die Entwicklung und den Tourismus im Himalaya trug den Titel „Auf der Suche nach dem Ort des Glücks“ (2007).

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5. Interkulturelles Management

Der neueste Schwerpunkt der Abteilung befasst sich mit der Anwendung interkulturellen Wissens auf Management und trägt somit der stärkeren Ökonomisierung der globalen Entwicklung Rechnung. Die internationale Vernetzung wirtschaftlicher Prozesse schreitet rasant voran und Wirtschaftskooperationen mit Staaten aus allen Teilen der Welt verzeichnen rapide Wachstumswerte. Erfahrungen im Bereich der interkulturellen Kommunikationsforschung sollen durch konkrete Anwendung zu empirisch fundierten Handreichungen in der Wirtschaftskommunikation führen. Im Mittelpunkt dabei steht die Wahrnehmung anderer kultureller Identitäten, denn jeder Mensch lebt in seinem „Erfahrungsgefängnis“ und hat seine eigene Wahrheit.

Westliche Managementmethoden, die aus einem speziellen kulturellen Kontext heraus entwickelt worden sind, greifen in einem anderen Umfeld nur unzulänglich. Kulturverträglichkeit der Methoden lässt sich nur herstellen, wenn diese die kulturellen Rahmenbedingungen und Identitäten (Religion, Kommunikationsmuster, Medien, Tradition, Werthaltungen etc.) berücksichtigen. Gegenstand der interkulturellen Managementforschung ist die Gestaltung von Management im Kontext unterschiedlicher Kulturen und Gesellschaften. Tom Herdin verfasst in diesem Bereich seine Habilitationsschrift (China’s changing values).

Ein regionaler Schwerpunkt der Abteilung wird auf Asien (Südost-Asien und Ost-Asien) gelegt. Partnerschaften und Kooperationen (etwa mit Forschungseinrichtungen wie ICIMOD-International Centre of Integrated Mountain Development, Kathmandu, der Universität Bangkok, dem China-Zentrum der Universität Salzburg und dessen Partnern) tragen den globalisierten Forschungsansprüchen Rechnung.

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6. Regionalentwicklung

Kommunikation im ländlichen und urbanen Raum, emotionale Geografie in Tourismus und heimatlicher Wohnumgebung, Nähe und Ferne sowie Identität und Wahrnehmung sind zentrale Aspekte einer kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Lokalität bzw. Regionalität. Kommunikation als Kategorie für räumliche bzw. regionale Entwicklung bildet seit 2015 einen neuen Arbeitsschwerpunkt der Abteilung. Mit Publikationen wie „Tourismus und mobile Freizeit“ wurde ein erster Schritt gesetzt, der die räumliche Dimension in Kommunikation, Kultur und Gesellschaft herausarbeitet. Mit dem 13. Salzburger Tourismusforum im November 2016 zum Thema „Alpenreisen – Erlebnis, Raumtransformationen, Imagination“ wird dieser Diskurs im Kontext von Klimawandel, Nachhaltigkeitskriterien, Mobilität, Raumordnung und Regionalentwicklung fortgeführt.

Projekte & Publikationen

Forschungsprojekte laufend

  • Benchmarking World Heritage and Tourism (FH Westschweiz/Welterbe Jungfrau-Aletsch/Universität Sion)

 

Auswahl abgeschlossener Forschungsprojekte

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  • Welterbe und Tourismus (BMUK/Land und Stadt Salzburg)

  • Kulturleitbild/Kulturentwicklungsplan II der Stadt Salzburg (2014)Saving Mount Everest – Waste Management Concept for World Heritage Sagarmatha Nationalpark, Nepal. (2014)

  • Ökologischer Tourismus als Entwicklungsmodell (Begleitforschung zu einem Entwicklungsprojekt in Nepal) 2009.

  • Pro-poor Tourism and Sustainable Development (EPU-Eurasia Pacific Uninet) 2008.

  • Zwischenevaluierung des Salzburger Kulturleitbildes (Kulturverwaltung der Stadt Salzburg) 2007.

  • Welterbe und Tourismus (EU/Salzburger Landesregierung) 2006.

  • Promoting the Use of Alternative Media for Information Transfer to Mountain People and Communities of the Hindu Kush-Himalayan Region (ICIMOD/Ford Foundation) 2005.

  • ​Tourism and Sustainable Development for Biodiversity Conservation. Gauri Shankar-Jugal Himal Conservation Area – Feasibility Study (Eco Himal/Init) 2005.

  • Durchführbarkeitsstudie Forschungscluster Tourismus (Amt der Salzburger Landesregierung mit Salzburg Research) 2003.
  • Wissenschaftliche Begleitung „Salzburger Kulturleitbild“ (Kulturamt der Stadt Salzburg)2000-2001.
  • ​Himalaya-Tourismus. Reisemotive, Reisezufriedenheit, Reiseerfahrungen. (Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten/Entwicklungszusammen­arbeit; in Zusammenarbeit mit dem Institut für Interdisziplinäre Tourismusforschung) 2001.
  • Tourism and Cultural Change in Developing Societies. An Ethnographic Study of the Sherpa Youth in Solu-Khumbu, Nepal (Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank), 1998-1999.
  • ​Der Orient – Fantasia 1001 Nacht. Wie Touristen Fremdes sehen und verstehen. (mit dem Studienkreis für Tourismus, Ammerland), 1998-1999.
  • Modellentwicklung-Evaluation/Leistungsmessung, Dokumentation und Förde­rungskriterien für Leistungen im Bereich der Jugendarbeit. Österreichischer Jugendbericht 1997-1998 (Bun­desministerium für Familie, Jugend und Umweltschutz, Dritter Österreichischer Jugendbe­richt).
  • Städtische Jugendkulturen. Lebensformen und Freizeitpraktiken. (Universität Salzburg, 1997-1998
  • Kommunikation und Entwicklung. Einschätzung der neuen Informations- und Kommunika­tionstechnologien (ICTs) im Entwicklungseinsatz. Mit besonderer Berücksichtigung der Hindukusch-Himalaya-Region. (Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten) 1998.
  • Images of Africa. Das Bild Afrikas in den österreichischen Printmedien (Bundesministerium für Wissenschaft und Kunst) 1997.
  • Jugend im Bergland. Studie über die Lebensbedingungen der Jugendlichen im Pinz­gau/Salzburger Land (Bundesministerium für Umwelt, Familie und Jugend/Land Salz­burg/Pinzgauer Gemeinden), 1996.
  • Durchführbarkeitsstudie „An integrated concept for tourism in the Rolwaling region/Nepal“ (Öko Himal/BMAA), 1996.
  • Interdisziplinäres Forschungsprojekt „Tourismus und kultureller Wandel“ (Pilotphase), Gesamtkoordinator, 1993-1997.
  • Stadtprofilierung durch Kultur – Graz, Innsbruck, Wien sowie ausgewählte europäische Städte (Stadt Graz, Land Tirol, Stadt Wien, Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst), 1996.
  • Kulturelle Identität und kultureller Wandel – Österreich im System der internationalen Kulturindustrie (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung), 1993-1996.
  • Europäische Audiovisionen. Distribution und Finanzierung von Film und Fernsehen in Europa. (Bundesministerium für Unterricht und Kunst), 1993.
  • Kulturstadt Salzburg. Kulturverhalten und kulturelles Bewusstsein der Salzburger (Stadt Salzburg), 1992-1993.
  • Kleinstaatliche Medienpolitik im großen Europa. Teilstudie zum Mediacult-Forschungs­projekt zur Weltkulturdekade „Impact of Media Politics on Culture“, 1993.

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